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Die 20er Jahre glänzen golden

1924 – 1928

Mitte der 1920er Jahre erlebt Deutschland eine Phase politischer Stabilität, wirtschaftlichen Aufschwungs und kultureller Blüte. Das Wirtschaftsministerium nutzt die Chance für wichtige Reformen, gerade in den Großstädten genießen die Menschen das pulsierende Leben, aber die aus den Kriegsfolgen resultierenden Probleme sind weiterhin sichtbar.

Weltbühne Berlin

© Chronos-Media

Seine frühe Blütephase verdankt die Weimarer Republik der Währungsreform. Das neue Geld – zunächst die Renten-, später die Reichsmark – macht Deutschland wieder kreditwürdig. Kapital und Investitionen aus dem Ausland fließen wieder, die Wirtschaft erholt sich vom Einbruch des Jahres 1923.

Auslandsanleihen 1924 – 1929

(in Millionen Reichsmark)

Quelle: Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich 1932, S. 344

Gleichzeitig bleiben die Preise stabil, das Geld ist wieder etwas wert, und es lohnt sich wieder, Waren anzubieten. Der Konsum zieht an. Es folgen Jahre mit geringer Arbeitslosigkeit, hohen Steuereinnahmen und einem ausgeglichenen Staatshaushalt. Sorge bereiten der Politik allerdings nach wie vor die Reparationszahlungen.

Belebte Straßenkreuzung im Berlin der 20er Jahre

© akg-images

Die Phase relativer Stabilität nutzt das Wirtschaftsministerium, um das Verhältnis von Staat und Wirtschaft zu ordnen und die Rahmenbedingungen für die Unternehmen zu verbessern. Damit gelingt es, die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft weiter zu steigern. Ein weiterer Fokus liegt auf der Erschließung neuer Exportmärkte, denn auch die dort erwirtschafteten Devisen werden dringend benötigt, um die Kriegsentschädigungen zu leisten.

Arbeiterinnen am Fließband

Fertigung von Messinstrumenten am Fließband in den Apparate-Fabriken der AEG in Berlin-Treptow.

© akg-images

Das Ministerium setzt nun auch eine Steuerreform durch, die Betriebe entlastet und im Gegenzug die Verbraucher durch höhere Steuern stärker belastet. Erstmals werden gezielt wirtschaftliche Eckdaten (wie Produktion, Konsum, Lohn- und Preisentwicklung und Produktionskapazitäten) erhoben, um ein besseres Bild von der wirtschaftlichen Lage zeichnen zu können. Außerdem läutet das Ministerium eine Wende in der Handelspolitik ein und versucht, die Liberalisierung des Außenhandels voranzutreiben.

Arbeiter bei der Bandmontage

Arbeiter bei der Bandmontage von Fahrgestellen in den Hanomag-Werken in Hannover-Linden.

© akg-images

Für viele Waren hebt das Ministerium bestehende Ein- und Ausfuhrverbote auf. Darüber hinaus bereitet es Handelsverträge für die Zeit nach der Wiedererlangung der handelspolitischen Autonomie am 10.01.1925 vor – bis dahin muss Deutschland allen Partnern des Versailler Vertrags einseitige Handelsvorteile gewähren. Das Reichswirtschaftsministerium erarbeitet außerdem eine Zolltarifreform, die gemäßigtere Schutzzölle vorsieht. Schließlich vergibt das Ministerium erstmals staatliche Exportkredite, um den Außenhandel in Schwung zu bringen.

Entwicklung des Außenhandels 1925 – 1929

(in Millionen Reichsmark)

Quelle: Statistisches Bundesamt, Bevölkerung und Wirtschaft 1872 – 1972, S. 191

Die Maßnahmen fruchten: Zehn Jahre nach Kriegsende hat sich die Wirtschaft von den Folgen des Krieges erholt. Die Löhne und die Produktion erreichen wieder das Niveau der Vorkriegszeit. Vor allem in den Großstädten pulsiert nun das Leben und Berlin entwickelt sich zu einem der bedeutendsten Kulturzentren.

Sofie Scheibe: Chanel und Charleston
Sofie Scheibe wurde 1915 in Köln als Tochter eines Kaufmanns geboren. Sie beschreibt ihre Kindheit und Jugend während der Weimarer Republik.

© Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland/Zeitzeugenportal, www.zeitzeugen-portal.de

Die Menschen besuchen Kinos und Konzerthäuser oder amüsieren sich auf Sport- und Tanzveranstaltungen. Gegen Ende des Jahrzehnts glänzen die 20er Jahre zumindest für weite Teile der Bevölkerung wirklich golden.

Zum Ende der goldenen 20er Jahre pulsiert das gesellschaftliche Leben:

353

Millionen Kinobesucher
werden 1928 gezählt – so viele wie noch nie

71.100

gemeldete Vereine
gibt es 1928; fast achtmal so viele wie noch 1919

9,1

Millionen Gästemeldungen
werden 1928 verzeichnet; die Deutschen reisen gern

2

Milliarden Personen
befördert die Reichsbahn 1928 – etwa so viele, wie die Deutsche Bahn 2017

Der Minister

Eduard Hamm

1923 – 1925

Eduard Hamm

© BArch, Bild 183-2018-0608-500

Eduard Hamm (DDP) ist von November 1923 bis Januar 1925 Wirtschaftsminister. Hamm prägt das Ministerium in dieser Zeit durch seine wirtschaftsliberalen Ansichten. Er verfolgt eine marktorientierte Wirtschaftspolitik und entlastet durch eine Steuerreform die Unternehmen. Außerdem setzt er sich für die außenwirtschaftliche Öffnung Deutschlands und dessen Einbindung in den Welthandel ein. Nur wenige Tage nachdem Deutschland seine handelspolitische Autonomie wiedererlangt und Hamms Ziele erreicht werden können, wird er als Wirtschaftsminister abgelöst.